Verkaufen – was ist das?

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Lassen Sie uns einen kurzen Moment unhöflich sein und die Dame auf Ihrem Barhocker nicht weiter beachten. Es mag schwer fallen, aber es ist notwendig. Wir sind beim Thema Verkaufen, welches im  Unternehmen traditionell in der Abteilung Vertrieb erfolgt. Was ist Verkaufen eigentlich? Was bedeutet Vertrieb? Dem einen oder anderen werden dabei schnell unangenehme Assoziationen in den Sinn kommen.

Vertrieb hat im Deutschen auf der sprachlichen Seite etwas mit dem Verb vertreiben zu tun, oder? Schlägt man ein Synonym-Wörterbuch auf, so erscheinen für „vertreiben“ Worte wie ausstoßen, ausweisen, davonjagen, fortjagen, verbannen, verdrängen, vergrämen, vergraulen, verjagen, verscheuchen, verstoßen, ausbürgern, ausschließen oder bannen.

Erst in zweiter Linie wird der Begriff mit verkaufen assoziiert. Zusätzlich gibt es so tolle Synonyme wie veräußern oder absetzen. Deutsch ist schon eine seltsame Sprache. Und der Begriff Vertrieb gehört sicherlich nicht zu den positiv besetzten sprachlichen Glanzpunkten unserer Sprache. Negative Gefühle auf der ganzen Ebene.

Mit dem Terminus Verkaufen sieht es nicht viel besser aus. Unter den Synonymen finden sich so unangenehme Begriffe wie: abgeben, absetzen, abstoßen, loswerden, losschlagen, verraten, liquidieren, abschaffen . . . und so weiter und so weiter. Nachvollziehbar, wenn sich jetzt der eine oder andere „verraten und verkauft“ fühlt.

Dabei ist der Vertrieb alles andere als eine unangenehme Sache:

Der Begriff Vertrieb bezeichnet alle Entscheidungen und Systeme, die notwendig sind, um ein Produkt oder eine Dienstleistung für den Kunden oder Endverbraucher verfügbar zu machen. Es handelt sich um das Element des Marketing-Mix, das in älteren Lehrbüchern als Distributionspolitik bezeichnet wurde.

Nach heutigem Marketingverständnis spricht man von Vertriebspolitik, bei der die Umsetzung der Vertriebsstrategie und die effiziente Gestaltung des Vertriebsprozesses im Vordergrund stehen. Die verantwortlichen Personen im Vertrieb benötigen entsprechende Vertriebskompetenzen, die vor allem beim Investitionsgütermarketing bzw. bei der Vermarktung wissens- und technologieintensiver Produkte und Dienstleistungen von besonderer Bedeutung sind.

Toll, dass es Wikipedia gibt. Diese Bedeutung klingt doch schon etwas besser. Vertrieb hat etwas mit Marketing zu tun – gut. Marketing ist ja schließlich und endlich die strategische Seite von Vertrieb, also die Abteilung, deren Aufgabe es ist Produkte und Dienstleistungen zu vermarkten – in Relation zu den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden.

Dass Vertrieb und Marketing sich traditionell missverstehen ist ein bedauerliches Faktum. Während der Vertrieb im Unternehmen meist meint, ohne ihn geht nichts und Marketinwürde nur Geld ausgeben, ist Marketing der Meinung, dass Vertrieb alleine nicht funktionieren würde. Beides ist richtig. Und in der Realität sind Marketing und Vertrieb die zwei Seiten ein und derselben Münze.

Und damit der Humor nicht zu kurz kommt, ein kleine Anekdote über die wahren Abläufe im Unternehmen aus vertrieblicher Sicht:

How it works . . .

Irgendwo in einem Keller oder in kleinen abgeschiedenen Büros unter der Erde oder im Souterrain sitzen langweilige aber hochintelligente Menschen. Sie sind in der Regel seltsam gekleidet und tragen Sandalen oder Turnschuhe. Meistens wohnen sie noch zu Hause, haben dafür aber einen Doktor-Titel in Elektrotechnik, Maschinenbau, Physik oder ähnlichem. Sie benötigen keine Freizeit, haben neben Ihrem Job keine sonstigen Interessen und schon gar keine Hobbys. Sie ernähren sich bevorzugt von Fastfood und Energy Drinks oder von in die Arbeit mitgebrachten Wurst- und Käsebroten, die Ihnen ihre Mütter, es können auch gelangweilte Ehefrauen sein, am Morgen in die Aktentasche packen, ohne dass sie es merken. Dafür entwickeln sie laufend die tollsten Dinge. Mit diesen könnte man zum Mars fliegen, fünf Kilo Wäsche in 20 Minuten mit 3 Litern Wassern sauber waschen, mit 300 km pro Stunde über die Autobahn rasen oder rund um den Globus mit der Armbanduhr telefonieren. Eine Welt der Erfindungen und innovativer Ideen, erdacht von genialen Zeitgenossen.

Zwanzig Stockwerke weiter oben gibt es Licht durchflutete Büros mit Designermöbeln und abstrakter Kunst an den Wänden. Die Bar ist direkt neben der Cimballi Espresso-Maschine und der Konferenzraum hat eine Multimedia-Ausstattung, die eine Prominentendiskothek neidisch machen würde. Die bevorzugte Farbe der solariengebräunten Männer auf dieser Etage ist schwarz. Schwarzer Anzug, schwarzes Polo-Shirt mit aufgesticktem Polo-Spieler und leichte italienische Slipper, ebenfalls in schwarz. Die durchschnittliche Haarlänge beträgt maximal 0,5 Zentimeter.

Das weibliche Personal ist in erster Linie willig. Frau zeigt was sie hat und weiß genau, in welchem Winkel sie die Beine übereinander schlagen muss um ihren Job auf Monate hinaus zu sichern. Nahtstrümpfe, schwarzes Kostüm und hohe Absätze sind Pflicht. Der Teppichboden hat eine Highheel-freundliche Länge. Das Leben in der Marketing-Abteilung ist schön. Blusen dienen hier in erster Linie dazu, sündteuere spitzenbesetzte Büstenhalter ins rechte Licht zu rücken oder besser gesagt in die richtigen Augen zu lenken. Mittags geht man zum Italiener um die Ecke, oder lässt sich Sushi kommen. Je nachdem was gerade besser zum Prosecco passt.

Hier werden aus den Geräten, die aus dem Keller geliefert werden, Produkte. Geile Produkte, die ein Vielfaches dessen zum Unternehmenserfolg beitragen, was die Herstellung und die Entwicklung kosten. Hier werden aus einfachen Geräten Produkte, die jeder haben will und die ganze Familien bei der Anschaffung in den finanziellen Ruin stürzen können. Das richtige Marketing entscheidet über das Wohl und Wehe des Unternehmens. Es sichert den Entwicklern im Keller ihre Freiheit technische Spielzeuge erfinden zu dürfen und den Assistentinnen im Obergeschoß abendliche Einladungen aus der Management-Gruppe mit anschließendem Austausch von Körperflüssigkeiten.

Alles könnte ja so schön sein, wenn es den Vertrieb nicht geben würde. Dieser setzt auf dem Marketingplan auf und nimmt ihn ernst – teilweise zumindest. Denn die Aufgabe des Vertriebs ist es – zu verkaufen. Wer hätte dies gedacht. Und ohne das reale Verkaufen der Produkte und Dienstleistungen gehen auch in der Marketingabteilung schnell die Lichter aus. Vorbei mit Prosecco und abendlichen Einladungen.

Es geht im Vertrieb also ganz simpel darum, Produkte oder Dienstleistungen an den Mann, beziehungsweise an die Frau zu bringen.

Doch wie mache ich das? Oft höre ich in meinen Seminaren oder Coaching-Sitzungen Sätze wie: „Ich kann nicht verkaufen.“ „Verkaufen ist nicht meine Stärke.“ „Ich verkaufe nicht gerne, das ist mir unangenehm.“ Und so weiter und so weiter.

Dabei ist es so einfach. Verkaufen ist wie Flirten !

 

Lassen Sie uns also wieder auf die Dame in der Bar zurückkommen. Sie erinnern sich? Sie sitzt auf einem Barhocker, vor sich einen Tom Collins und sie spielt mit ihrem Mobiltelefon. Und Sie sind interessiert. Was jetzt abläuft ist nichts anderes als ein Verkaufsvorgang.

Es gibt einen Kunden = die Frau auf dem Barhocker. 

Es gibt ein Produkt = Sie selbst.

 

Es gibt einen Verkäufer für das Produkt = ebenfalls Sie.

 

Kurz gesagt, jeder, der schon einmal einen anderen Menschen in seinem Leben kennengelernt und für sich eingenommen hat, war als Verkäufer erfolgreich und kann somit auch erkaufen.

Aber wie verkaufen Sie sich denn jetzt wirklich? Was ist ihre Vermarktungsstrategie? Das Meiste machen wir unterbewusst von Haus aus richtig. Wir sehen nicht aus wie Godzilla, sind geduscht, tragen ordentliche Kleidung und wissen uns zu benehmen. Die Produktvoraussetzungen sind also nicht allzu schlecht, wären da nicht auch noch genügend andere Produkte = Männer oder Frauen in der Bar. Auch für die gilt – sie sehen passabel aus, kennen ebenfalls die Funktionen von Deo, Aftershave und Pflegeprodukten und haben eine Kinderschule absolviert, die es ihnen ermöglicht in der Öffentlichkeit nicht unangenehm aufzufallen. Sie als Person sind als Produkt also austauschbar. Pech für Sie. Verkauf beendet, oder?

Nicht so schnell. Wer jetzt frustriert nach Hause geht, hat verloren und wird von der Evolution genauso ausgestoßen, wie ein erfolgloser Verkäufer früher oder später seinen Job verliert.

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