Das Streben nach Glück

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Der 1905 geborene Neurologe, Psychiater und Begründer der Existenzanalyse Victor Frankl geht von der Annahme aus, dass der Mensch existentiell auf Sinn ausgerichtet ist und nicht erfülltes Sinnerleben zu psychischen Krankheiten führen kann sowie psychische Erkrankungen von einem eingeschränkten individuellen Sinnbezug begleitet werden. In diesem Zusammenhang bezweifelt er, dass Glück zum universellen Lebensziel taugt.

Glück ist nichts, das sich einstellt, wenn man es nur fest genug anstrebt. Glück ist das Resultat eines sinnerfüllten Lebens. Menschen, denen es gelingt, ihrem Leben Sinn abzugewinnen, sind zum Glück fähig. Glück stellt sich ein, wenn Menschen sich einer Sache hingeben und wenn sie das mit Engagement verfolgen, was sie motiviert, was ihnen sinnvoll erscheint. Das kann das Aufgehen in einer ausfüllenden und befriedigenden Beschäftigung sein, das kann die zwanglose Hingabe zu einem Menschen sein.

Glück, Erfolg, Karriere und Wohlstand sind keine Primärziele, sondern abhängige Variablen. Ihre Erreichung ist entscheidend dadurch bestimmt, welche Werte wir zur Grundlage unserer Haltungen und unseres Verhaltens machen und wie wir diese Werte leben. Sinn wird damit zu einer starken motivationalen Komponente unserer Existenz.

Vierzig Jahre nach diesen Thesen ist Victor Frankl immer noch aktuell und lässt sich inzwischen neurobiologisch untermauern. Die Hirnforschung zeigt uns, dass sich das Gefühl von Glück immer dann einstellt, wenn wir Herausforderungen erfolgreich bewältigen, unsere Potentiale mit Leidenschaft entwickeln, wenn wir mit anderen Menschen empathisch kooperieren. Glück lässt sich damit nicht über Abkürzungen erreichen. Jeder Versuch, dies dennoch zu tun, endet bei neuronalem Fastfood, also schnellen Glücksbringern wie Shoppen, Fernsehen oder gar Drogen – oder bei neurotischen Mustern wie Narzissmus, Machtstreben, Gier und Eifersucht, um nur einige zu nennen.

Wahres Glück hingegen ist das Resultat mitunter harter, sinnvoller Arbeit, aber ein Aufwand der sich lohnt. Glück ist der Lohn für unser Bestreben, über uns hinauszuwachsen und dennoch mit anderen verbunden zu sein. Erst so macht das Streben nach Glück Sinn. Beruflicher und privater Erfolg sind die beiden gleichwertigen Seiten ein und derselben Münze. Diesem Gedanken trage ich in meinen Coachings Rechnung.

Viktor Frankl (1972): Einführung in die Existenzanalyse und Logotherapie. Vorlesung an der Universität Wien. Auditorium Netzwerk, Audio-CD.

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